Der Einsteinturm ist eine Ikone der Moderne. Er wurde 1920–22 von Erich Mendelsohn in einer Weise erbaut, die mit allen Traditionen brach. Die Wüstenrot Stiftung hat die letzten beiden Instandsetzungen dieses bedeutenden Denkmals durchgeführt. Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) betreibt den Einsteinturm immer noch in seiner ursprünglichen Funktion: als Sonnenteleskop.
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Projekt

Der Einsteinturm ist ein Sonnenteleskop, das vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) betrieben wird. Der Architekt Erich Mendelsohn erbaute den Einsteinturm 1920–22. Die Wüstenrot Stiftung hat die letzten beiden großen Instandsetzungen 1997–99 und 2021–23 durchgeführt und dabei alle historischen Schichten behutsam konserviert. Die digitale Ausstellung »Einsteinturm revisited« lädt dazu ein, in die Entstehungsgeschichte des Turms einzutauchen, seine wissenschaftlichen Voraussetzungen nachzuvollziehen und die Besonderheiten zu begreifen, ihn als Denkmal zu bewahren.

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Sonnenfinsternis

(1919)

Arthur Stanley EddingtonArthur S. Eddington (1882–1944), Astrophysiker, früher Befürworter Einsteins Relativitätstheorie. Direktor des Observatoriums der Universität Cambridge seit 1914. 1923 veröffentlichte er eines der ersten Lehrbücher über die Relavitätstheorie. Da Eddington viele seiner Bücher mit anschaulichen Beispielen und Witzen spickte, wurden gerade seine wissenschaftsphilosophischen Werke auch außerhalb der wissenschaftlichen Community gelesen. leitete die Sonnenfinsternis-Expedition, die 1919 eine der Voraussagen von EinsteinsAlbert Einstein (1879–1955), einer der bedeutendsten Physiker der Wissenschaftsgeschichte. Entwicklung der Relativitätstheorie ab 1905. Ab 1914 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, ab 1917 Direktor des für ihn gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik. Nobelpreis 1921 (verliehen 1922). Lehr- und Forschungsaufenthalte in den USA. Von seinem Aufenthalt in Princeton 1932/33 kehrte er nicht mehr nach Deutschland zurück. Deutliche Haltung gegenüber Nazi-Deutschland auch nach 1945. Emeritierung 1946, danach weiter am Institute of Advanced Studies in Princeton. Relativitätstheorie bestätigen sollte: nämlich dass große Massen (in diesem Fall die Sonne) Licht (in diesem Fall von Sternen, die aus Sicht der Erde nahe der Sonne stehen) ablenken.

Arthur Eddington, Karl Schwarzschild und andere Astrophysiker auf einem Erinnerungsbild
Arthur Eddington (ganz rechts auf dem Pferd) 1913 bei einem Ausflug auf den bei Königswinter am Rhein gelegenen Drachenfels, vermutlich während der fünften (und letzten) Konferenz der International Union for Co-operation in Solar Research in Bonn im Jahr 1913. Sitzend, dritter von links, ist Karl Schwarzschild zu erkennen.

Ziel der Expedition war es, erst den sternübersäten Nachthimmel zu fotografieren, um dann dieselbe Stelle des Himmels mit der durch den Mond verfinsterten Sonne zu fotografieren. Denn während einer Sonnenfinsternis können wir auch am Tag Sterne sehen. Die Expedition ging gleichzeitig in das brasilianische Dorf Sobral im Bundesstaat Ceará und auf die Insel Príncipe (São Tomé und Príncipe, westlich der Küste Äquatorialguineas und Gabuns). Eddington selbst war auf Príncipe, wo es regnerisch und bewölkt war. Just vor der Sonnenfinsternis lockerte es auf und sein Team konnte zumindest zwei brauchbare Fotos von der Sonnenfinsternis und dem sie umgebenden Himmel machen. Das Team in Sobral war mit acht Fotos erfolgreicher. Das Team wertete die Fotos später in England gemeinsam aus.

Instrumente bei der Sonnenfinsternis-Expedition
Instrumente, mit denen die Aufnahmen der Sonnenfinsternis in Sobral in Brasilien gemacht wurden.
Negativ einer Aufnahme der Sonnenfinsternis von 1919
Eines der resultierenden Negative von der Sonnenfinsternis-Expedition 1919. Deutlich erkennbar ist die Sonnenkorona und einige Sterne (als schwarze Punkte).

Anfang September 1919 verkündete Eddington auf einer Tagung das vorläufige Ergebnis, dessen endgültige Feinheiten sein Kollege Andrew Crommelin dann in einer gemeinsamen Sitzung von Royal Society und Royal Astronomical Society am 6. November 1919 vorstellte: Die Abweichung des Sternenlichts am Rand der verfinsterten Sonne betrug bei dem einen Teleskop 1,98 ± 0,18 Bogensekunden, bei dem anderen 1,60 ± 0,31 Bogensekunden. Einsteins Voraussage war 1,75 Bogensekunden, weshalb das Ergebnis der Expedition als Bestätigung der Relativitätstheorie gewertet wurde.

1979 wurden Eddingtons Fotoplatten übrigens mit modernem Messgerät erneut überprüft, mit einem Ergebnis von 1,90 ± 0,11 Bogensekunden. Die damaligen Messungen waren also durchaus verlässlich. Eine finale Bestätigung der relativistischen Lichtablenkung ergab sich dann allerdings erst in den 1980er-Jahren mit der Radioastronomie, als die Radiowellen von zwei benachbarten Sternen beim Vorübergang der Sonne untersucht wurden und dadurch eine relativistische Positionsänderung mit noch höherer Genauigkeit festgestellt werden konnte.

Die Ergebnisse der Expedition fanden Eingang nicht nur in wissenschaftliche Veröffentlichungen, sondern auch in die allgemeine Presseberichterstattung. Die London Times berichtete unmittelbar nach der Verkündigung am 7. November 1919. Am 10. November 1919 war es auch in der New York Times zu lesen.

Schlagzeile in der New York Times über den Beweis der Relativitätstheorie
New York Times am 10. November 1919: „Lichter am Himmel alle schief“.

Erst über einen Monat später wurde dieser wissenschaftliche Durchbruch auch in der deutschen Presse gewürdigt. Am 14. Dezember 1919 brachte die Berliner Illustrirte Zeitung ein Foto Einsteins auf der Titelseite.

Titelseite der Berliner Illustrirten Zeitung mit Albert Einstein
Berliner Illustrirte Zeitung vom 14. Dezember 1919: „Eine neue Größe der Weltgeschichte: Albert Einstein, dessen Forschungen eine völlige Umwälzung unserer Naturbetrachtung bedeuten und den Erkenntnissen eines Kopernikus, Kepler und Newton gleichwertig sind.“

Dass die Theorie des nun weltberühmten Physikers durch einen Engländer bestätigt wurde, saß in einem Deutschland tief, das sich nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg gern durch andere Leistungen rehabilitieren wollte und gleichzeitig weiterhin nationalistisch geprägt war. Diese Ausgangslage wusste ein Dritter für sich zu nutzen: Erwin Finlay FreundlichErwin Finlay Freundlich (1885–1964), Astrophysiker. Assistent an der Berliner Sternwarte ab 1910. Ab 1918 erster Mitarbeiter an Einsteins Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik. Planung des Einsteinturms als leistungsstärkstes Sonnenobservatorium Europas. Direktor des Einsteinturms ab 1920. Vertreibung durch die Nazis, ab 1933 Professor für Astronomie in Istanbul. Ruf an die Deutsche Uni in Prag 1936. Flucht nach Holland 1939. Dann an der schottischen St.-Andrews-University, Aufbau einer Astronomischen Abteilung mitsamt Sternwarte, ab 1951 Napier-Professur für Astronomie.. Er spielte mit dem Nationalstolz deutscher Industrieller und Politiker, um durch die sog. Einsteinspende genügend Geld für den Bau einer Einrichtung zu sichern, die eine eigenständige Forschung mit den Maßgaben der Relativitätstheorie ermöglichen sollte. Ein Ziel war es dabei, die einzige noch nicht empirisch bestätigte Voraussage Einsteins zu überprüfen: die Rotverschiebung des Lichts.