Während der DDR war der Einsteinturm Teil des Zentralinstituts für Astrophysik. Die in dieser Zeit erarbeiteten Forschungsergebnisse fanden immer wieder Beachtung auch auf internationaler Ebene. Das war einer der Gründe, warum der Einsteinturm auch nach Auflösung des Zentralinstituts nach der deutschen Wiedervereinigung nicht nur fortbestand, sondern auch in die Blaue Liste aufgenommen wurde. Die Blaue Liste war die Vorgängerin der Leibniz-Gemeinschaft.
In den 1990er-Jahren wurde der Einsteinturm Teil des Astrophysikalischen Instituts Potsdam, heute Leibniz-Institut für Astrophysik PotsdamLeibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, früher Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP), 1992 gegründet als Nachfolge-Institution des Zentralinstituts für Astrophysik, Umbenennung in Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam 2011. Die Forschungsgebiete des AIP sind extragalaktische Astrophysik sowie Sonnen- und Sternphysik mit Schwerpunkt auf stellaren und kosmischen Magnetfeldern, Stern- und Galaxienentstehung und Kosmologie. Das AIP ist an mehreren Teleskopen auf dem Teide Vulkan in Teneriffa beteiligt und ist Partner des Large Binocular Telescope in Arizona. Es entwickelt außerdem astronomische Instrumentierung für Großteleskope wie dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO). (AIP). Die Erforschung kosmischer Magnetfelder, Sonnen- und Sternaktivitäten sowie Untersuchungen zur extragalaktischen Astrophysik stehen im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten. Um weiterhin auf höchstem Niveau forschen zu können, wurden 1993 die Spiegel des CoelostatenEin Coelostat oder Zölostat besteht in der Regel aus zwei Spiegeln, die so angeordnet sind, dass man mit einem feststehenden Teleskop (z.B. einem Turmteleskop) der Bewegung von Himmelskörpern über den ganzen Tages- bzw. Nachtverlauf folgen kann. mit Glaskeramik-Spiegeln (sog. Zerodur) ersetzt, die bessere Wärmeeigenschaften haben. Der Ausdehnungskoeffizient und damit Messungenauigkeiten bei höheren Temperaturen sind bei Zerodur-Spiegeln minimal.
Heute ist der Einsteinturm Hausinstrument des AIP. Seine immer noch voll funktionsfähige Ausstattung ermöglicht Teilnahmen an internationalen Messkampagnen und Langzeitmessungen. Außerdem nutzen die WissenschaftlerInnen des AIP den Einsteinturm für Entwicklung und Test neuer Instrumente, die danach in den Großteleskopen auf dem Observatorio del Teide in Teneriffa und am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in der Atacama-Wüste in Chile eingesetzt werden. Denn dort gilt: Teleskopzeit ist kostbare Zeit, die man nicht mit Messinstrumenten vergeuden will, die nicht richtig funktionieren. Der Einsteinturm ist so wertvoll, weil er demgegenüber viel flexibler und kostengünstiger zur Verfügung steht, auch um Messinstrumente über längere Zeiträume hinweg zu perfektionieren.
Im Einsteinturm wurden unter anderem Teile des wissenschaftlichen Instrumentariums der Raumsonde Solar Orbiter entwickelt, die am 9. Februar 2020 von Cape Canaveral in Florida ins All geschossen wurde. Ziel der Forschungsmission der European Space Agency (ESA) ist herauszufinden, wie die Sonne die Heliosphäre erzeugt, also den weiträumigen Bereich um die Sonne, in dem Sonnenwind und Magnetfeld der Sonne wirksam sind. Das auf der Sonde befestigte Röntgenteleskop STIX wurde am Einsteinturm mitentwickelt, getestet und optimiert. STIX untersucht durch bildgebende Spektroskopie die thermische und nicht-thermische Röntgenstrahlung der Sonne mit einer nie da gewesenen, hohen Auflösung. Ein Teil dieses Teleskops ist als Simulation weiterhin im Labor des Einsteinturms aufgebaut, um die Messergebnisse von Solar Orbiter überprüfen zu können.
Der Einsteinturm ist aber auch für die Ausbildung angehender AstrophysikerInnen wichtig, die sonst eher selten einen so direkten Kontakt mit einem derart besonderen Forschungsinstrument während ihres Studiums erhalten.